Ein Jahr ganz ganz weit weg... für viele ein Traum, für mich Realität: Ab dem 15.8.2011 werde ich für ein Jahr in Kenia sein, genauer in Eldoret, und werde dort in einem Rescue Center (Auffangstation für Straßenkinder) und in einer Primary School (1.-8. Klasse) arbeiten. Damit ihr immer wisst wie es mir geht, was ich so mache und damit ihr "bei mir seid", gibts hier immer die aktuellsten Infos :) Auf und Davon - Daniels Auslandstagebuch!
Montag, 5. Dezember 2011
Ein Besuch Zuhause und "Ich danke Gott, dass du hier bist!"
Eines Tages, es ist noch gar nicht so lange her, begleitete ich Elly (ein Junge aus dem Rescue Center, 17 Jahre alt) zu ihm nach Hause. Im Moment haben wir Ferien, und das ist die Zeit, in der die Kinder aus dem Rescue Center die Möglichkeit haben, ihre Familien zu besuchen. Natürlich scheitert es öfter am Geld, weil ihre Eltern selbst nicht genug Geld haben, um ihr Kind zu sich zu holen und wieder zurückzuschicken, aber in diesem Fall habe ich Elly die Fahrt bezahlt, weil wir uns ziemlich gut verstehen. Nicht alle Kinder haben eine schlechte Beziehung zu ihren Eltern. Elly zum Beispiel hat eine sehr gute Beziehung zu seinen Eltern (bzw. seine Mutter und Geschwister) und ist deshalb im Rescue Center, um eine gute Schulausbildung zu bekommen, weil seine Eltern ihm das nicht bieten können.
Auf jeden Fall habe ich ihm die Fahrt im Matatu (Kleinbus für 9-15 Leute, manchmal auch mehr) bezahlt, und wir sind nach dem Mittagessen losgefahren. Die Matatu-Fahrt hat nur 1 Stunde gedauert, und als wir ausstiegen, waren wir mitten im Nirgendwo. 5 Minuten zu Fuß landeinwärts, weg von der Hauptstraße, kamen wir dann zu einigen Hütten und Häusern. Dort wurde Elly herzlich begrüßt, ich hielt mich eher im Hintergrund – was nicht lange funktioniert hat, denn ich bin ja weiß. Ich wurde ebenfalls herzlich begrüßt, mir wurde ein Stuhl angeboten, später gab es Chai (Tee) und Kekse. Das Problem war, dass nur die Tante Englisch sprechen konnte, sonst konnten alle entweder nur Kiswahili oder nur Kikalenjin (die Sprache der Kalenjin). Ein bisschen konnte ich mich noch mit den Leuten auf Kiswahili unterhalten, aber der Stammes-Sprache bin ich nicht mächtig, ich habe schon genug mit Kiswahili zu tun. Elly hat mir die Umgebung gezeigt, Fotos gemacht mit Freunden und Bekannten mit meiner Kamera. Als Kinder mich sahen – ich glaube ich bin der erste Weiße den sie jemals gesehen haben – sind sie uns schreiend hinterher gerannt und gefolgt, und auch die Erwachsenen wollten unbedingt mit mir reden und mich – natürlich – angammeln nach Geld.
Als wir ins Haus zurück kamen und uns gerade hinsetzten, kam ein alter Mann ins Haus. Als er mich sah, stürmte er förmlich auf mich zu und umarmte mich. Ziemlich untypisch für Kenianer, denn solche Zuneigungsäußerungen zeigt man nicht so öffentlich. Ich war dementsprechend überrascht, auch weil ich den Mann noch nie gesehen hatte. Sofort kam ein Schwall Kikalenjin auf mich zu, denn der alte Mann konnte nur Kikalenjin reden. Wir setzten uns hin, er redete munter mit mir weiter, und die Tante übersetzte netterweise für mich. Die kurze Zusammenfassung: „Ich danke Gott dafür, dass du hier bist – Es ist eine so große Ehre für mich dich hier begrüßen zu können – Ich weiß gar nicht was ich sagen soll – Mir fehlen die Worte, um ausdrücken zu können, wie froh ich bin dich zu kennen – Ich danke dir dafür, dass du Elly so unterstützt – Ich kann es nicht fassen, ich danke Gott, meine Gebete wurden erhört ...“ und so weiter. Und das die ganze Zeit, und ich selbst wusste auch gar nicht, was ich darauf antworten sollte.
Währenddessen fing Elly mit einigen anderen Kindern an, ein Huhn zu jagen. Gut, dachte ich, dann gibt es wohl mir zu Ehren heute Abend Fleisch zu essen. Fleisch wird hier sehr selten gegessen, nur zu besonderen Anlässen, und ein Mzungu ist für die Leute hier ein besonderer Anlass. Nachdem Elly dann das Huhn gefangen hatte, rief er mich nach draußen. Dort erklärte er mir dann: „Der alte Mann möchte dir jetzt das Huhn schenken.“ Ich gucke ihn nur verdutzt an und erwidere: „Ehm, ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Das kann ich doch gar nicht annehmen!“ - „Doch, musst du sogar, weil es ein Geschenk ist.“
… dann war ich stolzer Besitzer eines Huhns. Ja, ich habe ein Huhn geschenkt bekommen.
Die Füße wurden verbunden, dann stand ich erstmal da, mit dem Huhn in den Händen. Ich kam mir schon was doof vor, dort stehend, mit einem Huhn. Dann wurde das Huhn in eine Plastiktüte gesteckt mit der Begründung „Das Huhn könnte ja kacken.“ und dann stand ich mit einem Huhn, wo nur der Kopf aus der Plastiktüte ragte, in den Händen vor dem Haus. Mir war dieses Geschenk schon was peinlich, weil ein Huhn hier in einer so ländlichen Gegend viel wert ist und ich es so einfach geschenkt bekommen habe.
Die Matatu-Fahrt zurück wurde ich von den Leuten auch nur angestarrt. Immerhin saß ich mit einem Huhn auf dem Schoß im Matatu. Passiert zwar öfter, aber nie einem Mzungu.
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